Kerstin Preiwuss

HAUSIEREN

meine grüne seite

sumpf und ginster: matt
und das blattgrün: ach
noch ein dach aus dem wir treiben
noch ein zelt mit dem wir uns bekleiden
das ufert aus wie bohnenkraut
um das die spatzen zanken
in kürbisgröße rankt darin
das nachwachsende helle grün

hier möcht ich ufern und an land
hier zieh ich meiner stimme hinterher

mutterkorn

auf ginsterschuhen hochgewachsen
in schwarzer spitze hochgeschlossen

sitzen in spinnen
zu klumpen geballte
netze nach innen

rankend
den fischen im wasser nach
oben oben oben

lass rauschen lass

treibjagd

häscher wie wild
haben aufgebracht das wild
roh hypnotisch, das klopfen
roh hypnotisch, das schlagen
roh hypnotisch, das treiben
roh das ist hypnotisch so
wild so roh das ist das
rohe lied das jagt das wild das trifft

mich nicht
bin außerhalb der eigenheit
nicht eingeweiht

wirtshaus

mein gast ist besessen davon
mich zu fressen

erst will er mich bis auf die haut
dann wird er mich
bis unter die haut belegen

baut sich dahinter
ein bett für den winter

darin liegt ein schopf
mein körper sein kopf

narrenschiff

meiner espe laub zittert
meiner pappel mark fährt
mir durchs bein

jetzt fahr’n wir übern see
übern see
jetzt fahrn wir
übern see

kannst du auf planken kieloben sein
das holz wächst ringförmig ins floß
mit einer reißleine hält es
die eingemeindeten jahre

flaute

Zeit vergeht und verwirklicht sich in den Weltereignissen
immer die langweiligste und uninteressanteste Variante.

Daniil Charms

vom magnetberg aus ankert ein schiff nur
abseits vom strom und zwischen den nägeln
zieht mannhaft die mannschaft
den boreas den passat ganz
stromgerecht in ihre lungen ein

und steht und geht mit der zeit: das erste jahr war ein dilemma das zweite wurde noch viel schlimmer allein das dritte war wie immer

erschienen in der Tippgemeinschaft 2008

Titelbild