Jinn Pogy





Ding, wie es gedreht und verwendet, bewundert benutzt und beherbergt wird, es teil und nicht teil nimmt oder sich stofflich still in Ecken bettet, sich ein oder ausschalten lässt, sich nicht involviert oder den Raum füllt, (ohne den es an und für sich nicht sein kann), wo es zur Bestimmung findet, zur Besinnung, im Raum, im Geäst des Messenden, wo es zwischen zwei Gedanken schwebt: sich als Monade durch die Fülle wühlt, tiefer Vorgänge bildet wie Maulwürfe durchdringen und ausrichten und aufwerfen, wie es blind nichts sehnt, nichts weiß, wie es linear erscheint und sich selbst nicht kennt, sich selbst nicht nennt, wie es sein will / wie es nicht ist, wenn es dir nichts ist, wenn es keinem je war, nie gedacht, nie erfahren, nie geliebt wurde, nur geschlechtslos in Artikel gepresst, wie man fühlen kann für etwas, das nicht ist weil es nur Eines ist: ein wesentliches Ganzes, wie es im Modus steckt: Wirkung / Verwerfung, das abstrakte, das arme, das dumme: wie es sich auf die Lippen wirft, die Augen abfängt, um dabeizusein / wo es im Gehorsam wiche, machten wir es hörig.


(in: Lauter Niemand Ausgabe 09/ Berlin 2008)



Erdbeertopf. Es ist der blaue KugelKübel zerbrochen, mitten in der Mitte. Die zarten Erdbeerpflanzen liegen niedergeschlagen unter dem wuchtigen braunen Tontopf, den der Wind auf die noch junge Fruchtpflanze gedrückt hat. Der Schlag muss gesessen haben: kurz und stark und erbarmungslos. Man kann dem Tontopf, der in den Erdbeertopf gefallen ist, keine Schuld geben, und vielleicht nicht einmal dem gefühlsstumpfen Wind, in dessen Weg der Tontopf stand. Man kann nicht dem schmalen Fenstersims die Schuld geben und nicht dem kleinen Balkon, der eine gewisse dichte Anordnung von Kübeln und Töpfen bedingt. Man kann nicht sagen, der Kugelkübel war nicht stark genug, denn das war er. Man kann nicht sagen, der braune Tontopf war größer, denn das war er nicht. Man könnte höchstens nachdenken: über die Entfernung der Beiden beteiligten. Über die Fallhöhe. Der Erdbeertopf ist entzwei. Zwei/gleiche/Teile. Runde Halbschalen. Wie kam nur eine solch perfekte Spaltung zustande. Die schwarze Erde im blauen Topf bewahrt die Form. Wie kann nur etwas so Grausames geschehen, noch bevor die Früchte reif sind. Ich kniee vor dem Kübel, nehme den Tontopf herunter und schiebe die beiden blauen Hälften zusammen wie die Brüste einer vollbusigen Frau. Sie fallen wehrlos in meine Handflächen zurück. Die zarten grünen Triebe, die volle, süße Erdbeeren erahnen lassen, hängen über meine Finger. Ich nehme das Telefon. Ich wähle: 112, falls die Leitung noch steht.








Jinn Pogy. Berlin. Schreibt Prosaische Lyrik und Prosa. Seit 2008 Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften, zuletzt in Ostragehege und Blumenfresser. Redakteurin der Berliner Zeitschrift für Lyrik und Prosa und Mitglied der Autoreninitiative/ Literaturlabor „lauter niemand“ e.V. Lesungen in Berlin und der Leipziger Buchmesse 09 in der Lounge der jungen Magazine.